keltische Sprachen.

keltische Sprachen.
kẹltische Sprachen.
 
Die keltischen Sprachen gehören zur indogermanischen Sprachfamilie und werden u. a. durch den Verlust des indogermanischen p gekennzeichnet (z. B. lateinisch »pater«, altirisch »athir«). Geographisch unterscheidet man das chronologisch relativ früh überlieferte Festlandkeltisch und Inselkeltisch, genetisch 1) Goidelisch mit Irisch, Schottisch-Gälisch (Ersisch) und Manx-Gälisch (Manx), 2) Keltiberisch (Keltiberer), 3) Lepontisch (lepontische Inschriften), 4) Gallo-Britannisch mit Gallisch (einschließlich Galatisch, Galater) und den britannischen Sprachen Kymrisch (Walisisch), Kornisch (ausgestorben), Kumbrisch (trümmerhaft überliefert) und Bretonisch, das seit der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr. durch Auswanderung keltischer Briten aus Südwestengland in die Bretagne gelangte, vielleicht auch Piktisch (Pikten), bei dem es sich jedoch um keine homogene keltische Sprache handelt.
 
Häufig findet man die - noch heute kontrovers diskutierte - Differenzierung in p-Keltisch (Gallo-Britannisch und Lepontisch) und q-Keltisch (goidelische Gruppe, Keltiberisch, archaisches Gallisch); der indogermanische Labiovelar kw hat sich im p-Keltischen zu p, im q-Keltischen zu k entwickelt, z. B. kymrisch pwy »wer«?, irisch cía aus indogermanisch kwei-. Im Rahmen der indogermanischen Sprachen sind die keltischen Sprachen sowohl durch archaische Züge als auch durch Übereinstimmung besonders mit westindogermanischen Sprachen charakterisiert: 1) archaische Züge (kein Infinitiv, kein synthetisches Verb für »haben«, Zahlwörter »3« und »4« nach Genera unterschieden, archaische Syntax; ererbte alte Wortgleichungen mit dem Italischen, Indischen und Iranischen); 2) grammatische Isoglossen (z. B. ein mit -ā- gebildeter Konjunktiv) und gemeinsame Neuerungen (Superlativ) verbinden die keltischen Sprachen mit dem Italischen; 3) westindogermanische (keltisch-italisch-germanische) Wortgleichungen; 4) keltisch-germanische Sonderentwicklungen im Wortschatz (z. B. die Bedeutungsverschiebung von »Gang« in der indogermanischen Grundsprache zu »Eid«, »beraubt«, zu »Erbe«, »lieb«, zu »frei«).
 
Sprachtypologische Besonderheiten der inselkeltischen Sprachen sind: 1) flektierte Präpositionen (z. B. kymrisch ar »auf«, arnaf »auf mir«, arnynt »auf ihnen«); 2) primär phonetisch, dann auch syntaktisch bedingte Anlautmutationen (z. B. irisch bád »Boot«, i mbád »in einem Boot«); 3) Satzstellung Verb-Subjekt-Objekt; 4) Bezeichnung von »Ja« und »Nein« durch Wiederholung der finiten Verbalform (z. B. kymrisch: a weli di y ty? »siehst du das Haus?« Gwelaf »ich sehe« in der Bedeutung von »Ja«); 5) Tendenz zur konkreten Bezeichnung abstrakter Begriffe (z. B. irisch tá scilling agam art »du schuldest mir einen Schilling«, wörtlich: »es ist ein Schilling bei mir auf dir«); 6) Tendenz zur Umschreibung von Zustandsverben in den neukeltischen Sprachen (z. B. irisch is fíar dhuit »du hast recht«, wörtlich: »es ist wahr zu dir«).
 
Die Überlieferung der festlandkeltischen Sprachen ist auf Inschriften, Münzlegenden, Namen und Glossen beschränkt. Die Texte sind durch das Medium verschiedener Schriften (iberisch, nordetruskisch, griechisch, lateinisch) von etwa 400 v. Chr. bis 400 n. Chr. überliefert.
 
Abgesehen von antik vermittelten Namen und Glossen setzt die inselkeltische Tradition erst im frühen Mittelalter mit den irischen Oghaminschriften (Ogham) ein, bleibt dafür aber in vier Sprachen (Irisch, Schottisch-Gälisch, Kymrisch, Bretonisch) bis heute, wenn auch stark geschwächt, ungebrochen.
 
Die keltische Literatur lässt sich nur in einzelsprachlicher Ausprägung, jedoch nicht als Ganzes charakterisieren. Festlandkeltische Zeugnisse fehlen. Strabo berichtet von den Barden, Athenaios von einer Lobpreisung des gallischen Königs Lovernius, Caesar von der Abneigung der Druiden gegen schriftliche Aufzeichnungen. Die inselkeltische Literatur beginnt nach der Einführung der lateinischen Schrift und christlich-römischen Gedankenguts (in Irland Ende des 6. Jahrhunderts). Das die Dichtergelehrten konservativer Ausrichtung fördernde aristrokratische Gesellschaftssystem brach in Wales endgültig im 16. Jahrhundert, in Irland im 17. Jahrhundert, in Schottland im 18. Jahrhundert zusammen. Danach entwickelte sich eine in Form und Inhalt volkstümlichere Literatur.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
bretonische Sprache und Literatur · irische Sprache und Literatur · kornische Sprache und Literatur · kymrische Sprache und Literatur · Schottisch-Gälisch
 
 
J. C. Zeuss: Grammatica celtica (21871);
 H. D'Arbois de Jubainville: Cours de littérature celtique, 12 Bde. (Paris 1883-1902, Nachdr. 1969-70);
 W. Stokes: Urkelt. Sprachschatz, bearb. v. A. Bezzenberger (1894);
 A. Holder: Alt-celt. Sprachschatz, 3 Bde. (1896-1907, Nachdr. Graz 1961-62);
 J. Pokorny: Die kelt. Literaturen, in: Die Literaturen der Welt. .., hg. v. W. von Einsiedel (Zürich 1964);
 W. Meid: Indogermanisch u. Keltisch (Innsbruck 1968);
 M. Dillon u. N. K. Chadwick: The Celtic realms (London 21972);
 H. Lewis u. H. Pedersen: A concise comparative Celtic grammar (Göttingen 31974);
 
Indogermanisch u. Keltisch, hg. v. Karl H. Schmidt (1977);
 D. B. Gregor: Celtic. A comparative study of the 6 Celtic languages (Cambridge 1980);
 
Gesch. u. Kultur der Kelten, hg. v. Karl H. Schmidt (1986).
 
Zeitschriften: Revue Celtique, Jg. 1-51 (Paris 1870-1934);
 
Ztschr. für celt. Philologie (1897 ff.);
 
The Bulletin of the Board of Celtic Studies (Cardiff 1923 ff.);
 
Études Celtiques (Paris 1936 ff.);
 
Celtica (Dublin 1946 ff.);
 
Studia Celtica (Cardiff 1966 ff.);
 
Celtic Cultures Newsletter (Dublin 1983 ff.).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Kelten: Im Lande der Druiden
 

Universal-Lexikon. 2012.

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